Die Auswirkungen des Corona-Virus auf den Finanzmarkt

Gesichtsmaske

Der 9. März 2020 geht als schwarzer Montag in die Geschichtsbücher ein. An diesem Tag gab es weltweit Kurseinbrüche an den Börsen. Der Deutsche Aktienindex DAX sank um 7,94 Prozent und verzeichnete damit den höchsten Tagesverlust seit dem 11. September 2001. Auch wenn das nur eine Momentaufnahme ist, zeigt sie doch wie stark die Finanzmärkte von der Corona-Krise betroffen sind. Was Anleger jetzt beachten sollten.

Eine alte Weisheit an der Börse lautet: Die nächste Krise kommt bestimmt. Doch die nächste Krise weicht immer ein wenig von der vorherigen ab. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, den nächsten Crash vorherzusehen. Bei der Finanzkrise 2008 gab es schlaue Köpfe, wie etwa den Hedgefonds-Manager Michael Burry, der das Problem der Subprime-Kredite weit im Voraus erkannte, Banken warnte und sogar noch Geld mit dem Crash verdienten. Doch die Corona-Krise traf Gesellschaften und Finanzmärkte absolut unvorhergesehen. Ein sogenannter schwarzer Schwan.

Was unterscheidet die Corona-Krise von den vorherigen Crashs?

Anders als bei der Finanzkrise 2008, geht die aktuelle Krise nicht von den Banken, faulen Krediten und einer Immobilienblase aus. Damals begannen die Probleme im Finanzsektor und wirkten sich auf die Realwirtschaft aus. Heute ist es andersrum. Die Realwirtschaft war stabil, doch dann kam das Virus und legte alles lahm. Als der Chef der US-amerikanischen Citibank, Michael Corbat, kürzlich ins Weiße Haus eingeladen wurde, war es ihm ein Anliegen gegenüber den Medien klarzustellen: „Das ist keine Finanzkrise, die Banken sind in guter Verfassung. Wir sind hier, um zu helfen.“

Das Virus legt die Wirtschaft lahm – und das sind die Folgen

Deutschland befand sich konjunkturell Ende 2019 bereits in einer Schwächephase, über das ganze Jahr 2019 hinweg wuchs die Wirtschaftsleistung aber noch um 0,6 Prozent. Die exportorientierte Industrie stand einem Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft vom Februar 2019 unter Druck, unter anderem wegen einer geringeren Warenabnahme durch China. Der Bausektor aber auch Dienstleistungsbereiche, deren Zielmarkt Deutschland war, entwickelten sich hingegen positiv, ebenso wie die privaten Konsumausgaben.

Vor Corona konnte von einer Krise in der Realwirtschaft keine Rede sein. Im Januar 2020 lag der ifo-Geschäftsklimaindex bei 95,9, die Geschäftserwartungen wurden mit 92,9 eingestuft. Im Februar lagen diese Werte sogar leicht höher bei 96 respektive 93,1 und im März dann der Knall. Der Virus kam und mit ihm die Angst vor seiner Verbreitung. Der Geschäftsklimaindex sank auf 86,1, der stärkste Rückgang im wiedervereinigten Deutschland. Die Geschäftserwartungen verdüsterten sich sogar auf 79,7 und damit so stark wie nie zuvor.

Was die Börse nicht mag, ist Unsicherheit. Eine größere Unsicherheit als aktuell gab es wohl selten. Ein bislang unbekanntes Virus verteilte sich von China aus über den Erdball – es gab keine Resistenzen in der Bevölkerung, keine Impfstoffe und keine Medikamente. Nach und nach mussten die Länder also zur Sicherheit der Bevölkerung Läden und Fabriken, Restaurants und Büros, Ämter und Universitäten schließen. Die Wirtschaft stand plötzlich beinahe still.

Der DAX verlor seit Beginn des Jahres rund 20 Prozent seines Wertes, der Ölpreis sank zweitweise um 30 Prozent, der größte Verlust seit dem Golfkrieg 1991. Auch an der Wall Street stürzten die Kurse ab. Der US-Leitindex Dow Jones sank am 16. März sogar um 2.997 Punkte – der größte Punktverlust in der Geschichte der Wall Street.

Wie lange dauerten bisherige Krisen?

Die Dotcom-Blase im Jahr 2000 wurde ausgelöst durch das blinde Kaufen von Firmenanteilen aus dem Internet- und Technologiebereich. Auch Analysten hatten Unternehmen wie beispielsweise EM.TV zum Kauf empfohlen. Es dauerte drei Jahre, bis der DAX sich wieder erholte und erst nach vier Jahren erreichte er wieder alte Rekorde.
Die Finanzkrise 2008 hatte ihren Ursprung am Häusermarkt in den USA. Die Zinsen waren niedrig. Auch all jene erhielten einen Kredit, die eigentlich nicht genügend Bonität vorweisen konnten. Diese sogenannten Subprime-Kredite wurden zusammen mit „guten“ Darlehen zu einem Paket geschnürt und auf dem Finanzmarkt verkauft, von Ratingagenturen erhielten sie die Bestnote AAA und machten so den Anschein sicher zu sein. Doch nach und nach gab es immer mehr Kreditausfälle, die Immobilienblase platzte und am 15. September 2008 meldet eines der größten Bankhäuser der USA, Lehman Brothers, Konkurs an. Danach folgte eine Kettenreaktion.

Im Anschluss an die Finanzkrise folgte die Schuldenkrise in Europa. Auf dem Finanzmarkt begannen die Kurse 2007 bereits zu sinken, erst fast sechs Jahre später, im Frühjahr 2013 erreichte der DAX wieder alte Höchststände.

Wie reagieren Regierungen und Zentralbanken?

Doch wie lange wird es dauern, bis sich die Finanzmärkte nach der Corona-Krise wieder erholt haben? Das hängt stark davon ab, wie sehr die Welt in eine Rezession rutscht.
Das ifo-Institut errechnete, dass das optimistischste Szenario – ein Monat Shutdown und ein im Anschluss schnelles Hochfahren der Wirtschaft – Deutschland 152 Milliarden Euro kosten würde. Bei drei Monaten Shutdown hingegen würden sich die Produktionsausfälle auf 729 Milliarden Euro belaufen. Eine einzige Woche Shutdown-Verlängerung für die Bundesrepublik entspricht zusätzlichen Kosten von 25 bis 57 Milliarden Euro, das bedeutet ein Rückgang des BIP-Wachstums von 0,7 bis 1,6 Prozentpunkten.

Deutschland hat bislang ein 750 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket auf den Weg gebracht. Die Europäische Zentralbank startet ein Not-Anleihenkaufprogramm. Die Regel, dass die Notenbank maximal ein Drittel aller Staatsanleihen eines Eurolandes kaufen darf wird außer Kraft gesetzt.

In der Finanzkrise 2008 stellte die US-Regierung rund 700 Milliarden US-Dollar zum Ankauf von Anleihen zur Verfügung, in der Corona-Krise belief sich das Konjunkturpaket bislang auf 2 Billionen US-Dollar.

Die US-amerikanische Notenbank Fed senkte den Leitzins auf null und kündigte an, Staatsanleihen im Wert von einer halben Billion Dollar zu kaufen. Auch Hypothekenpapiere im Wert von 200 Milliarden will die Notenbank erwerben. Ende März erhöhte sie das Anleihenkaufprogramm um weitere 300 Milliarden US-Dollar. Politik und Notenbank lassen also nichts unversucht, um den Markt zu retten.

Diese Fragen sollten sich Anleger jetzt stellen

Menschen sterben, Hunderttausende wurden arbeitslos. Trotzdem: Krisen sind immer auch Triebfeder für Veränderungen. Das zeigt sich momentan eindrucksvoll bei der Digitalisierung. Viele Unternehmen waren gegenüber der Heimarbeit lange skeptisch, doch durch die aktuelle Krise mussten sie sich entscheiden: Kompletter Produktivitätsstopp oder doch lieber Homeoffice? Die Antwort lag auf der Hand. So kam eine Entwicklung in Gang, die ohne Corona Jahre gedauert hätte.

Es ist also möglich, dass langfristig Strukturen geschaffen werden, die förderlich für die Wirtschaft sind. Die Langzeiteffekte sind aber noch nicht absehbar. Fakt ist, dass es Branchen gibt, die von der Krise profitieren. Sind das Softwarefirmen, die die Digitalisierung unterstützen, Online-Händler, Streaming-Dienste oder doch Pharmakonzerne? Manche Anleger schichten ihr Portfolio sogar komplett um und entscheiden sich jetzt für andere Werte wie etwa Bitcoin, Gold oder Anleihen.

Es lohnt sich, den V-DAX im Auge zu behalten, den Volatilitätsindex des DAX. Aktuell scheint es so, als hätte er sein Peak Mitte März bereits erreicht. Auch kann man sich die Frage stellen, ob die aktuellen Aktienkurse die bevorstehende Rezession für das erste Halbjahr 2020 bereits eingepreist haben?

Generell gilt, ein Bärenmarkt ist immer auch eine Einstiegsgelegenheit für all jene, die noch nicht investiert sind. Dabei sollte man aber den passenden Zeitpunkt abwarten. Der Hedgefonds-Manager Bill Ackman verdiente durch geschicktes Handeln mit Wertpapieren in der Corona-Krise bereits 2,6 Milliarden Dollar.

Wer Papiere im Depot hat, die nun an Wert eingebüßt haben, sollte nicht in Panik ausbrechen. Ein Vorbild in solchen Krisenzeiten ist der erfolgreichste Investor aller Zeiten, Warren Buffet (hier seine Biografie aus meinem Beitrag lesen), der grundsätzlich langfristig investiert. Von kurzfristig schwankenden Börsenkursen lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegenteil. Der US-Amerikaner sagte einst: „Die meisten Leute interessieren sich für Aktien, wenn alle es tun. Die beste Zeit ist aber, wenn sich niemand für Aktien interessiert.“

Schreibe einen Kommentar